Quelle: Anzeiger Ostschweiz 23. / 24. Januar 2001
Aus der Provinz für die Welt
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Der grösste und umfassendste Internet-Reservationsdienst für Hotels und Restaurants der Schweiz wird nicht etwa von Zürich aus, sondern aus einem Diessenhofer Büro heraus betrieben.
cla. Gerade mal 5 Jahre sind es her, seit der heute 58-jährige Ernesto Tobler nach einer neuen Vermarktungslösung für sein Hotel in Neuhausen am Rheinfall suchte. Die bestehenden Werbemöglichkeiten im In- und Ausland vermochten ihn nicht zu befriedigen: «Da gibt man viel Geld aus - und erreicht den Kreis potenzieller Kunden doch nur sehr schlecht.» Auf der Suche nach einer zündenden Vermarktungsidee für sein Haus prüfte Tobler damals auch das Internet - und blieb dort prompt hängen: Er erkannte schnell die neuen Chancen, die das damals junge Medium bot und bietet, und entschied sich deshalb flugs, nicht nur seinen Betrieb, sondern die ganze Branche davon profitieren zu lassen.
Heute, fünf Jahre nach dem Start seines Reservationsdienstes für Hotels und Restaurants mit dem Namen tourismus-schweiz.ch, ist Tobler nicht mehr Hotelier. Stattdessen ist er zusammen mit seiner Lebensgefährtin Madeleine Bührer Internetunternehmer. Sein Reservationsdienst, den er aus den Kellerräumen eines Einfamilienhauses in einem Diessenhofer Neubauquartier betreibt, umfasst inzwischen nicht weniger als 6700 Einträge, über tausend Hotels preisen dort mit Bild und Text ihre Dienstleistungen an. Gekoppelt sind diese Einträge mit einer ausgetüftelten und leistungsstarken Datenbank, die es einem potenziellen Hotelgast - egal ob Tourist oder Geschäftsreisender - erlaubt, im Nu von zu Hause aus in einer bestimmten Region ein ihm passendes Zimmer oder auch nur einen Tisch in einem Speiserestaurant nicht nur zu finden, sondern auch gleich noch zu reservieren - alles per Mausklick.
Der Dienst wird unterdessen so fleissig in Anspruch genommen, dass tourismus-schweiz.ch zu jenen drei Schweizer Internetauftritten gehört, die von Surfern aus dem In- und Ausland am meisten angeklickt werden. Und weil Toblers und Bührers Firma den Hotels und Gasthäusern sowie weiteren Kunden ihrer Internet-Plattform auch noch weitere Dienste rund ums Marketing anbietet, kann inzwischen nicht nur die Familie mit den vier Kindern von den Einkünften ihrer Internetfirma leben, es finden dort darüber hinaus auch noch vier weitere Mitarbeiter Lohn und Brot, drei davon extern im Verkauf.
Tobler und Bührer teilen sich ihre Arbeit streng auf: Während er, der gelernte Koch, der vor seinem Hotelierdasein jahrelang im Zeitungsbereich tätig war, sich vor allem ums Marketing kümmert, ist Madeleine Bührer Chefin über die Technik. Ursprünglich Verkäuferin, dann die erste Buschauffeuse Schaffhausens, später Fahrlehrerin, hat sie sich im Hinblick auf die Gründung ihrer Internetfirma in die Weiterbildung gestürzt und schmeisst heute den Laden routiniert. Die Installation des neuen Scanners, der sie sich beim Besuch des Anzeigers gerade widmet, macht ihr trotz unvollständiger Anleitung jedenfalls ebenso wenig Mühe wie die anschliessende Gestaltung von Webseiten für die Firmenkunden - im Gegenteil, sie findet daneben noch die Ruhe, ihre vierjährige Tochter Gina zu trösten. «Lausige Installationsanleitung!», ist die einzige Missfallens-Äusserung, die ihr nach Zerlegung, Zusammenbau und Inbetriebnahme des neuen Scanners zu entlocken ist
Tobler wiederum ist der begnadete Verkäufer, der bei jedem Läuten des Telefons sichtlich auflebt. Das mehrstufige Angebot der Internetplattform - vom Basiseintrag, der gratis ist, bis hin zur kostenpflichtigen Rundumbetreuung eines Kunden - trägt seine Handschrift, und es profitiert gleichermassen vom Know-how des ehemaligen Gastrounternehmers wie des früheren Annoncenberaters. Seinem Verkaufstalent ist es neben dem sauber und idiotensicher funktionierenden Internetauftritt wohl vor allem zu verdanken, dass www.tourismus-schweiz.ch heute pro Tag über 14 000-mal angeklickt wird und im selben Zeitraum ca. 1'000 Reservationen und Anfragen über das System laufen.
Obwohl Bührer und Tobler bereits heute zu jenen nicht allzu Zahlreichen gehören, die mit dem Internet auch Geld verdienen, ist ihnen ihr Erfolg nicht in den Kopf gestiegen: «Wir wollen sicher nicht wachsen um des reinen Wachstums willen; unsere Firma soll auf gesunde Art grösser werden, und das tut sie auch», sagt Tobler. Auch der Gedanke, mit ihrer Firma an eine vielleicht prestigeträchtigere Zürcher Adresse zu zügeln, ist ihnen trotz ihres Erfolges noch nie gekommen: «Wir bekennen uns zu unserem Thurgauer Standort; Diessenhofen bietet schliesslich viel an Lebensqualität für uns und unsere Kinder.»