Quelle: Schweizer Hotelier-Verein www.swisshotels.ch
Die Print-Fassung findet sich in H&G, Ausgabe 8 vom 6. November 2003.
In diesem Beitrag lesen Sie:
- welche Hotel-Anbieter von Online-Buchern ausser Acht gelassen werden
- wie viele Betten bereits über das Web gebucht werden
- welches das meist besuchte Schweizer Hotel-Portal ist
- in welche Richtung sich das Buchungs-Verhalten der Kunden in Zukunft entwickeln wird
Es ist erst drei Jahre her, seit Wolfgang Kitza, damaliger Europa-Geschäftsführer der US-Internetfirma Worldres.com, sich von Konkurrenz umzingelt sah: «Allein in Deutschland gibt es bestimmt tausend Hotelzimmer-Anbieter über das Internet», verkündete er besorgt in der «Financial Times Deutschland». Heute hat sich die Branche – ähnlich wie die Automobilindustrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts – auf ein paar wenige «Player» konsolidiert, die vor allem mit Billigangeboten und Markenpflege Kunden gewinnen wollen. Weltweit bekannte Reise- und Hotelportale wie zum Beispiel «expedia.com» von Microsoft zählen mittlerweile schon rund 18 Millionen Besucher im Monat. Tendenz steigend. Und «hotels.com», der nach eigener Darstellung weltweit grösste Anbieter von Discount-Hotelzimmern, wies für das erste Quartal 2003 eine Gewinnsteigerung von 44 Prozent auf 18 Mio. Dollar aus. Das Erfolgsrezept von hotels.com: Zimmer werden in Riesenkontingenten und mit entsprechendem Mengenrabatt eingekauft und über das Netz zu Tarifen weitergegeben, die unter denjenigen einer Direktbuchung liegen. Hotels.com realisierte aber auch, dass im Internet-Zeitalter nur die Vernetzung Skaleneffekte bringt: Rund die Hälfte der Buchungen kommt von den rund 36 000 Partnern, welche von ihren Websites direkt auf hotels.com verweisen.
Verändertes Kaufverhalten
Das Internet verändert auch das Kaufverhalten. Anders als bei einer Buchung über das Telefon oder bei einem Reiseveranstalter wird der Entscheid für ein bestimmtes Hotel viel öfter durch den Preis bestimmt. Andere Kriterien wie Komfort, Grösse, Lage usw. bleiben irrelevant. Das heisst: Vom Internet profitieren zur Hauptsache kleine und mittlere Hotels, Discounter, Herbergen und Geschäftshotels, während hochpreisig positionierte Luxus- oder Spezialhotels auch weiterhin auf die klassischen Vertriebskanäle setzen müssen.
Bis im Jahr 2006 sollen gemäss Angaben des US-Marktforschungsinstituts «Forrester Research» rund 8 Prozent aller Hotelbuchungen in den USA über das Internet erfolgen und dabei einen Umsatz von 7,7 Milliarden Dollar erreichen. In der Schweiz verläuft die Entwicklung ähnlich: Mitte bis Ende der Neunzigerjahre gab es Dutzende von Websites, die Hotelzimmer verkaufen wollten – heute sind es maximal noch zwei, drei, die relevant sind. Darunter findet sich auch der Marktleader hotelzimmer.ch, dessen Website bezüglich Struktur, Klarheit und Bedienerführung geradezu beispielhaft ist. Und auch die Site von hotelleriesuisse (swisshotels.ch) baut ihr Dienstleistungsangebot laufend aus und bietet unter anderem direkte Buchungen via Hotelführer sowie Last-Minute-Angebote an.
Was vielleicht überrascht: Auch wer gourmetland.ch, chueli.ch oder schlafenimstroh.ch eingibt, landet auf hotelzimmer.ch respektive tourismus-schweiz.ch, wie die homepage offiziell heisst. «Ich erkannte schon früh, welches Potenzial in einer guten Webdomain steckt», sagt Ernesto Tobler, der tourismus-schweiz.ch seit 1996 buchstäblich aus dem Nichts in seinem Einfamilienhaus in Diessenhofen aufbaute. So besitzt Ernesto Tobler heute über 150 Internet-Domains, darunter auch findige Konstruktionen mit internationaler Ausstrahlung, wie zum Beispiel «sleepandeat.us» oder «reservation24. com». «Die frühzeitige Reservation der Domains hat sich gelohnt», meint Ernesto Tobler. «Dank unserer Com-Adressen haben wir auch aus Amerika ein sehr gutes Echo.»
Grosse Nachfrage
Rund eine Million Zugriffe im Monat verzeichnet tourismus-schweiz.ch, in der Hauptsaison kann sich dies bis auf 1,5 Millionen steigern. Damit gehört dieses Hotelportal zu den meistbesuchten der Schweiz. Es erstaunt deshalb nicht,
dass es als eines der wenigen einheimischen E-Commerce-Unternehmen schwarze Zahlen schreibt. Auf
tourismus-schweiz.ch sind rund 6500 Hotels, Motels und Gasthöfe aufgeführt, davon besitzen 2500 eine speziell gestaltete, kostenpflichtige Plattformseite mit Bildern und Zusatzinformationen (rund 300 Franken pro Jahr plus Initialkosten in der gleichen Höhe). Dafür erhalten die Hotels (und Restaurants) auch einen Gratis-Link auf die eigene Homepage sowie detaillierte Statistiken, wer wann, wo und wie lange auf der Seite war. Auch wer keine Plattformseite bucht, kann bei tourismus-schweiz.ch mitmachen und sich mit einem Grundeintrag begnügen, der gratis ist. Ernesto Tobler zu seiner Philosophie: «Je umfangreicher das Portal, desto grösser der Wert – sowohl für die Hotels als
auch für den Benutzer.»
Dieser Benutzerwert zeigt sich bei tourismus-schweiz.ch vor allem in der Bedienerführung: Wer ein Hotelzimmer sucht, kann sich mit Hilfe einer interaktiven Schweizer Karte zu jeder beliebigen Ortschaft durchklicken und sich dort über das lokale Angebot informieren. Des Weiteren gibt es zusätzlich Eingabefelder, die eine differenziertere Suche nach Betriebstyp (Ferienhotel, Seminarhotel, Firstclass), Klassifizierung (ein bis fünf Sterne) und Ort erlauben.
Die Nachfrage steigt
Was Gast wie Hotelier jedoch am meisten anspricht, sind die direkten Buchungsmöglichkeiten. Ist nämlich ein Hotel ausgewählt, kann der Gast die Reservation oder Anfrage direkt in ein standardisiertes Onlineformular eingeben, das sofort an das betreffende Hotel weitergesandt wird. Die Bestätigung erfolgt dann je nach Präferenz des Gastes per Fax, E-Mail, Telefon oder Post vom Hotel direkt.
Auch wenn sich heute noch viele Hotels an eigenen, komplexen Websites samt Datenbank und Online-Buchung versuchen – und sie darin von nicht wenigen IT-Firmen bestärkt werden –, in Zukunft werden die Aufgaben verteilt sein: Eine einfache Homepage mit Bild und Text zur Information, die Registrierung bei grossen Reise- und Hotelportalen für die Akquisition der Gäste samt Zimmerbuchung. «Der Kunde weiss meist nicht im Voraus, was er genau will», sagt Ernesto Tobler. «Deshalb muss man ihm ein grosses Angebot mit vielfältigen Suchmöglichkeiten zur Verfügung stellen.»
Der Erfolg des Internets für Reservation und Zimmerbuchung bedeutet jedoch nicht, dass traditionelle Vertriebskanäle wie Reisebüros oder Agenten völlig vom Aussterben bedroht sind. Im Gegenteil: Weil viele Online-Sites immer noch recht kompliziert aufgebaut und in der Bedienung schwierig sind, ziehen es viele Gäste weiterhin vor, direkt in der Reception anzurufen, falls sie ein passendes Hotel gefunden haben. So beweist eine Studie der amerikanischen «Jupiter Research», dass zu jedem Dollar, der ins Internet geht, die Reisebranche fünf weitere verdient, weil die Recherchier- und Suchmöglichkeiten im Netz das Angebot erweitern.
Dass der Anteil von Online-Buchungen weiterhin steil ansteigen wird, darüber sind sich die Fachleute einig. Vor allem auch, weil die vielen Tiefpreisangebote im Internet neue Benutzergruppen anziehen, die sonst immer traditionell buchten. So prognostiziert das auf die Reisebranche spezialisierte US-Beratungsunternehmen PhocusWright, dass im Jahr 2005 nur noch 18 Prozent aller Hotelbuchungen über ein Reisebüro gehen – im Jahr 2001 waren es noch 21 Prozent.